Borussia Dortmund U19: Der Angriff

Das Herzstück der U19: Der Angriff. Das nennt man Fussball. Hervorragende Einzelspieler, welche auch im Kollektiv zusammen funktionieren. Außenspieler, welche dribbeln wie Ronaldinho einst in seinen besten Zeiten. Stürmer, die treffen und treffen. Aber wer könnte nächstes Jahr bei den Profis mit aufmischen?

Jan
9 min readJan 13, 2022

Samuel Bamba

Als etatmäßiger U17-Spieler mit in die U19 hochgezogen werden: Das gibt es bei Borussia Dortmund äußerst selten. Und wenn, dann nur für Ausnahmespieler. Samuel Bamba ist ein Ausnahmespieler. Im ersten U19 Jahr zwar direkt nah an der ersten Mannschaft, aber noch nicht mit dem Impact wie man es sich von ihm erhofft hatte. Doch in der zweiten Saisonhälfte dreht der U18-Nationalspieler Deutschlands richtig auf.

Mit etwas um die 1,75m ist Bamba nicht sonderlich groß, bringt aber für einen Spieler seines Alters und Größe einen vielversprechenden Körperbau mit. Gerade sein Unterbau ist bereits recht stabil, was ihm erlaubt in direkten Duellen standhaft zu bleiben und wenige Spieler intelligent abzudrängen. Für was Bamba allerdings wirklich steht? Für seine Quirligkeit.

Auf beiden Flügeln einsetzbar und auch als hängende Spitze mit vereinzelten Einsätzen — aber immer im Dribbling. Die Abwehr nerven und nach Lücken suchen.

Bamba bekommt gerne den Ball in den Fuss und sucht das direkte Duell. Seine Aktionen strahlen immer eine gewisse Energie und Zielstrebigkeit aus. Seine Anschlussaktion ist nicht immer außerordentlich kreativ oder ein hervorragender Abschluss, aber schon in einem Bereich wo man von “reif” sprechen kann. Ähnlich wie Jadon Sancho spielt Bamba des Öfteren mal den zweitletzten Pass, wovor er von Rechts in die Mitte gezogen ist mit seinem starken rechten Fuss und erhält so keinen Scorerpunkt.

Dennoch muss Bamba noch an seiner Torgefahr und Output arbeiten. Des Weiteren hat er gelegentlich gewisse Durchhänger in seinem Spiel drin und ist gerne mal für 10–30min unsichtbar. Oder verhädert sich in Dribblings, da ihm der Spielfluss fehlt. Hier muss er reifer und abgeklärter werden. Bamba hängt etwas zwischen Talent der Klasse 1 und 2. So ganz klar wo es für ihn mal hingeht ist es noch nicht.

Perspektive:

Mit seinen Anlagen und der Möglichkeit noch ein weiteres Jahr U19 zu spielen lässt sich festhalten, dass Bamba den Weg in den Profifussball schaffen wird. Hinzu kommt, dass der Flügelspieler bereits bei Marco Rose im Testspiel der Herren für kurze Zeit zum Einsatz kam — eine Form von Wertschätzung. Nicht unwahrscheinlich, dass auch er mit ins Trainingslager fährt und im Anschluss ähnlich wie Ansgar Knauff sein letztes U19 Jahr in der U23 verbringt.

Fazit:

Mit seinen technischen und athletischen Anlagen wird Bamba mal im Profifussball landen. Er bringt darüber hinaus auch die nötige Cleverness und Komplettheit mit. Dazu ehmalige Profifussballer in der Familie. Er ist kein klares Klassen 1 Talent wie bspw. Kamara, Gittens oder Moukoko, aber auch nicht in Klasse 2 — es hängt viel von seiner Entwicklung in Saisonhälfte zwei ab. Nutzt er das Trainingslager, könnte er auch Teil der Profis vorerst bleiben. Dass er den Sprung aber sicher schafft würde ich nicht verwetten. Beim nächsten Kandidaten allerdings schon.

Jamie Bynoe-Gittens

Vergleiche mit Sancho kamen schon auf als der damals noch 15-Jährige Bynoe-Gittens vor einem Wechsel zu Dortmund stand. Manchester City, Engländer und äußerst dribbelstarker Flügelspieler — Ja, das passt. Aber Gittens ist ein etwas anderer Spielertyp.

Wie gut wäre Gittens eigentlich mit 2 1/2 Jahren mehr Spielpraxis? Diese fehlen dem Engländer nämlich. Kurz vor der Corona-Pandemie eine Schulterverletzung, Lockdown Nummer 1, Trainingsrückstand bei Dortmund und Lockdown Nummer 2. Aber hey, dann trotzdem Sommervorbereitung mit den Profis! Und wieder verletzt für knapp 4 Monate. Im Lockdown 2 war Gittens angeblich erneut verletzt. Ihm fehlt viel Spielerfahrung.

Trotzdem ist es außergewöhnlich wie stark Gittens ist. Seine Bewegungsabläufe sind flüßiger als Sancho, die Ballführung ähnlich eng, etwas mehr Speed auf dem ersten und letzten Metern und man könnte sogar sagen er seie noch verspielter als Sancho. Noch mehr Flair, noch mehr Übersteiger und evtl. auch mal ein etwas “exotischerer” Move.

Der Engländer hat die Gabe an einem Gegenspieler vorbeizudribbeln ohne sich überhaupt zu bemühen. Sein Gefühl für das richtige Timing zur Beschleunigung, ganz kleine Körpermanipulationen und ein intelligentes Abschirmen ermöglichen das. Recht tief holt Gittens sich den Ball und läuft an vier Gegenspieler vorbei als wären sie nicht dort gewesen. Gerade in Umschaltmomenten ist der Engländer eine absolute Waffe.

Defensiv ist Gittens im Positionsspiel zuverlässig, aber niemand der mit dem absoluten Wille den Gegner 20min durchgehend anlaufen würde. Das kann allerdings auch Fitnessgründe haben. Die Anschlussaktion an sein spektakuläres Dribblings ist recht ausgewogen: Mal ein intelligenter Pass, mal ein Abschluss oder auch eine Flanke — hier ist er noch recht komplett. Eins ist aber klar: Zielstrebig Richtung Tor. Gittens bricht sehr selten einen Lauf ab.

Das Talent bei Gittens ist unverkennbar. Er ist ein Unterschiedsfaktor im ganzen Spiel. Er muss sich in seinem Spiel noch etwas mehr festigen, früher den Ball spielen und bei Scorern ggf. zu legen für einen Spieler mit seinem Talent. Sobald er mal länger fit geblieben ist, wird er auch an seiner Defensivarbeit arbeiten müssen.

Perspektive:

Gittens wird ab Sommer fest bei den Profis spielen und sich dort auch recht schnell in die Nähe der ersten Mannschaft spielen. Mit seinem Profil sind schnelle Einsatzchancen nicht unwahrscheinlich. Bis Saisonende bleibt er allerdings bei der U19 und könnte evtl. an den letzten zwei BuLi-Spieltagen sein Debüt feiern.

Fazit:

Gittens hat das Potenzial selbst für die erste Mannschaft in der Champions League langfristig den Unterschied zu machen.

Julian Rijkhoff

Genau vor einem Jahr wechselte Julian Rijkhoff von Ajax Amsterdam zu Borussia Dortmund. Anfangs für die U17 eingeplant kam der U-Nationalspieler der Niederlande dort aufgrund der Corona-Situation eher selten zum Einsatz. Zusätzlich verletzte sich der mittlerweile 16-Jährige in dieser Zeit. In der U19 kam der “Stürmer” zur neuen Saison nach leichten anfänglichen Startproblemen immer mehr ins Rollen.

Technik und vor allem Spielintelligenz. Rijkhoff besticht nicht mit spektakulären Dribblings oder Fallrückziehern, sondern mit intelligenten Bewegungen, einfachen Kontakten die viel bewirken und torgefährliche Laufwege in den 16ner. Besonders diese Saison erzielte Rijkhoff einen Großteil seiner Tore nach Einlaufen in eine Flanke. Sieht sehr einfach aus, doch das Timing und “Weglaufen” aus dem Deckungsschatten ist bereits auf einem sehr hohen Niveau. Technisch muss man einem Spieler aus der Ajax-Jugend sowieso nichts bei bringen.

Man merkte Rijkhoff richtig an, dass er mit mehr Eingewöhnung auch seine Leistung steigerte. Anfangs als klassischer Mannschaftspieler, mittlerweile aber phasenweise ein Unterschieds- und Führungsspieler. Hier auch schon ein erster Punkt, wo er sich verbessern kann: Noch mehr Verantwortung im Spiel übernehmen. Sei es als Charakter, oder spielerisch.

So überragend die Ajax-Schule auch ist und in der Philosophie Cruyff’s der Stürmer eigentlich auch der erste Verteidiger sei: Defensiv hat Rijkhoff erhebliche Mängel. Im intensiven Pressing von Tullberg verpasste der 16-Jährige des Öfteren den richtigen Pressingtrigger, schaltete zu langsam um, oder ließ sich hängen. Seine Unzufriedenheit teilte Tullberg Rijkhoff auch sehr gerne lautstark mit. Im Laufe der Saison wurde das immer besser, kann sich aber immernoch weit steigern.

Selbiges gilt für Rijkhoff’s Physis. Mit erst frischen 16 wird das Talent aber noch einige cm zulegen. In die Höhe oder Breite. Mit der Schule ist der Spieler allerdings fertig und dürfte den nötigen Platz im Terminplan für mehr Einheiten an seinem Körper haben. Hier ist er noch recht unaustrainiert und schlaksig, könnte von einem standfesteren Körper in der Box nochmal mehr profitieren. Bei seinem Spiel weicht er dem Körperkontakt zwar des Öfteren intelligent aus, im Herrenbereich liegt sein Potenzial allerdings langfristig auch im Bälle festmachen.

Perspektive

Die Rückrunde wird interessant für Rijkhoff. Standjetzt wirkt er in der U19 am richtigen Ort, doch bei angehender Entwicklung könnte er am Ende der Saison bereits einen Schritt zu weit für dieses Niveau sein. Ein Platz im Trainingslager bei den Profis könnte aufgrund von möglichen Versprechungen bei der Verpflichtung durchaus realistisch sein, eilt allerdings nicht. Interessant wird der nächste Schritt für Rijkhoff und wie man ihn integrieren möchte. Mit Fink und Moukoko stoßen schon aktuell zwei Stürmer nach oben. Es bleibt abzuwarten, ob Rijkhoff nächstes Jahr vorerst nochmal in die U19, U23 oder nach gelungener Vorbereitung zu den Profis rückt. Die nötige Spielintelligenz, Cleverness, Selbstbewusstsein und Technik bringt er für “Oben” mit. Fraglich nur, was der Körper und die Defensivarbeit sagt.

Bradley Fink

Kurz: Fink ist über die Corona-Pause schlicht explodiert. Absoluter Modellathlet, eine pure Erscheinung, technisch deutlich sauberer, immer für ein Tor gut, defensiv stark, spielt mit, intelligente Laufwege und eine exzellente Mentalität neben dem Platz. Der Nationalspieler der Schweiz wird jeden Tag besser und hat im Gegensatz zu allen anderen U19-Spielern sich einen Platz in der U23 schlicht “erkämpft”.

Fink ist komplett und bringt alles mit. In der Rückrunde wird er in der U23 seine Tore machen und immer weiter wachsen. Der Start war vielversprechend — Ja, es wird auch Tiefen geben. Aber der Weg geht weiter nach oben. In meiner ausführlichen Analyse zu Fink bewertete ich ihn noch als: “Sehr stark, aber ohne langfristige Zukunft bei Borussia Dortmund” — mittlerweile sehe ich das anders. Die Art und Weise wie er sich in der U23 in der kurzen Vorbereitung fest gespielt hat war bemerkenswert. Nicht nur die zweimal 45min, aber auch was man aus den Trainingseinheiten so mitbekommt. Regelmäßige Spielzeit in der dritten Liga wird ihm mehr helfen als schaden.

Fink’s Profil ist etwas, was dem BVB kommenden Sommer höchstwahrscheinlich fehlen wird. Bleibt Haaland oder geht er? Fink sollte hoffen dass er bleibt. Denn wenn dem so ist, wäre er Haaland-Backup Nummer 1. Malen, Moukoko und potenziell Adeyemi spielen alle gerne um einen körperlich starken Stürmer herum. Steffen Tigges wird den Verein voraussichtlich verlassen. Geht Haaland allerdings, würde der BVB höchstwahrscheinlich einen preiswerten, langfristigen und körperlich starken Ersatz verpflichten. Das würde die Perspektive für Fink verändern.

Fink könnte nicht nur als Spielertyp oben gebraucht werden, sondern sich auch in die Philosophie Rose’s einarbeiten. Arbeitet er noch weiter an seinen Schwächen und bekommt mehr Selbstverständnis über die Rückrunde in der U23, kann er im Sommertrainingslager auf sich aufmerksam machen. Geht die Entwicklung weiterhin so steil voran und das Glück ist auf Fink’s Seite, könnte er sich mit seinem Skillset auch langfristig beim BVB durchsetzen.

Perspektive

Rückrunde höchstwahrscheinlich in der U23 und mit viel Spielzeit. Setzt er sich dort durch, wird er in der Vorbereitung mit den Profis sicher auf sich aufmerksam machen. Von der Bank oder nochmal im Wechsel mit der U23: Seine Chancen wird Fink nächstes Jahr auch phasenweise in der Bundesliga bekommen. Ob es langfristig reicht muss man noch abwarten. Während ich es erst neulich ausgeschlossen hatte, kann ich es mir mittlerweile bei anhaltender Entwicklung vorstellen.

Fazit:

Fink bringt alles mit. Es liegt an ihm: Hält er die Arbeitsrate und Mentalität neben dem Platz aufrecht, mit diesem Selbstbewusstsein auf dem Feld weiterhin agieren und sich in allen Kategorien weiterhin so sprunghaft steigern, könnte er kommende Saison bei den Profis die ersten Tore machen. Die Anlagen sind da!

Isaak Nwachuwku

Zu Nwachukwu kann ich leider nicht so ausführlich schreiben wie ich das gerne würde. Er hat meiner Meinung nach das Potenzial nächstes Jahr in der U19 einen ähnlichen Weg wie Fink zu gehen. Wegen anderer Spieler noch total unter dem Radar, aber mit mehr Selbstbewusstsein und als Wahl Nummer 1 mit einer Explosion. Der Stürmer mit nigerianischen Wurzeln verfügt über eine ansprechende Spielintelligenz, tollen Laufwegen, sauberer Technik und vielversprechender Physis. Die Anlagen sind alle da und kurz vor Lockdown Nummer 2 platzte in der damaligen U17 der Knoten beim jungen Stürmer. Ich sehe viel Potenzial in ihm, auch wenn er dieses Jahr bisher noch gar nicht zum Zug kam

Ayukayoh Mengot

Mengot ist ein ähnlicher Fall. Bei all der Konkurrenz nur selten zum Zug gekommen, wenn aber mit vielversprechenden Aktionen. Erinnert mit seiner Größe und Spielstil etwas an Marcus Thuram. Groß, kräftig, aber trotzdem technisch beschlagen und recht schnell. Bei einem Testspiel der U23 tauchte der Jungjahrgang der U19 bereits im Kader auf und kam angeblich sogar zum Einsatz. Ein Spieler, welcher jetzt nicht unbedingt Profi beim BVB werden muss, aber kommendes Jahr in Abwesenheit der “Schwergewichte” sein ganzes Potenzial erst auf den Platz bringen könnte.

Bekir El-Zein

Hier kann man sich kurz holen: Klassischer Flügelspieler, technisch beschlagen und etwas schneller, aber nichts Besonderes. Recht nah an der ersten Elf, aber meiner Meinung nach ebenso klar niemand mit Perspektive für den BVB langfristig.

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